(...) was allen Selbstmördern und nur ihnen widerfährt: Man deutet ihr Leben von seinem Ende aus. Ex negativo erhält alles ein Ziel. Wer dagegen jenen Tod stirbt, den man mit einer altmohdischen Wendung "den natürlichen" nennt, wird nie so gelesen und verstanden.
Roger Willemsen

Kleist, Bernd Heinrich Wilhelm von geboren am 18. (nach eigener Aussage am 10.) Oktober 1777 in Frankfurt an der Oder zwei Halbschwestern aus der ersten Ehe des Vaters, drei Schwestern und ein jüngerer Bruder (andere Quellen sprechen von fünf Vollgeschwistern) ca. 1,70 Meter blaue Augen, dunkles Haar "Da in seinem Äußern etwas Finsteres und Sonderbares vorherrschte, so gab ein Fehler am Sprachorgan seinem Eifer in geistreichen Unterhaltungen einen Anschein von eigensinniger Härte, die seinem Charakter wohl nicht eigen war. Wie ein der Meerestiefe entsteigender Taucher sich wenigstens in den ersten Augenblicken nicht auf alles Große und Schöne besinnt, was er in der Wasserwelt gesehen, und es nicht zu erzählen vermag, so schien es bisweilen bey Heinrich von Kleist der Fall zu seyn." (Johann George Scheffner) der Vater stirbt 1788, die Mutter 1793; nach deren Tod führt eine Tante bis zu ihrem eigenen Tod 1809 den Haushalt der Geschwister Kleist nach Aussage der Zeitgenossen einer der größten Virtuosen auf der Flöte und der Klarinette passionierter Pfeifenraucher am 1. Juni 1792 Eintritt in das Garderegiment Potsdam als Gefreiter-Korporal 1793-1795 Teilnahme am Rheinfeldzug 1797 Beförderung zum Leutnant (1806 führt die preußische Armee 50 Offiziere mit Namen Kleist) im März 1799 nimmt Kleist seinen Abschied und beginnt ein Studium (Kameralia und Jus) an der Universität Frankfurt a.d.O. 1799 Verlobung mit Wilhelmine von Zenge 1800 Rückkehr nach Berlin und Würzburger Reise November 1800 Anstellung als Volontär im preußischen Wirtschaftsministerium in Berlin März 1801 Kant-Krise April 1801 mit Ulrike Reise nach Paris November 1801 Reise in die Schweiz im Frühjahr 1802 löst sich die Verlobung mit Wilhelmine von Zenge, als diese sich nicht bereit zeigt, mit Kleist ein Schweizer Bauernleben zu führen Februar 1803 erscheint als erstes Werk Kleists anonym Familie Schroffenstein im Oktober 1803 vernichtet Kleist in Paris das Manuskript des Robert Guiskard; dem folgt der körperliche und seelische Zusammenbruch Kleists im Juni 1804 Rückkehr nach Berlin und im Herbst Wiedereintritt in den preußischen Staatsdienst 1806 gibt Kleist die Beamtenlaufbahn endgültig auf Februar bis Juli 1807 befindet sich Kleist in französischer Gefangenschaft; in dieser Zeit gibt Adam Müller in Dresden den Amphitryon heraus 1808 gibt Kleist zusammen mit Adam Müller die Monatsschrift Phöbus heraus, in der u.a. Teile Kleistscher Werke abgedruckt werden am 2. März 1808 führt Goethe in Weimar den Zerbrochenen Krug in einer eigenen Bearbeitung auf; die Aufführung fällt mit Pauken und Trompeten durch Oktober 1810 bis März 1811 gibt Kleist Die Berliner Abendblätter heraus am 21. November 1811 gegen 16 Uhr stirbt Kleist am Kleinen Wannsee durch eigene Hand, nachdem er zuvor Henriette Vogel auf eigenen Wunsch hin erschossen hat bei der Waffe, mit der Kleist sich erschießt, handelt es sich um eine Lazarino Cominazzo

Klingt der Name Heinrich nicht immer schon an und für sich nach irgend etwas Rechtschaffenem, Immergrünem, nach etwas unausrottbar Deutschem, Jungem? Wie seine Hände ausgesehen haben mögen? Trug er einen hohen oder flachen Hut, und ließ er jeweilen seine auf mannigfaltige Art benützten Schuhe rechtzeitig bei einem Schuhmacher sohlen?

Robert Walser, 1936