
Les(e)bar
Mitglieder des Ensembles lesen quer durch alle Genres und Epochen, von heiter bis wolkig, dramatisch bis lyrisch, ernst bis witzig.Ausgabe:
Ausgabe vom 29.08.2006
"Stell dir vor: Es kommen alle Frauen ..."
Brecht und die Frauen
Über Bertolt Brecht und seine vielgestaltigen Beziehungen zu den nicht eben wenigen Frauen in seinem Leben ist viel geschrieben und viel gesagt worden. Doch eher selten kamen dabei Brecht und die Geliebten, Ehefrauen, Mütter seiner vier Kinder, Mitarbeiterinnen, Kolleginnen, Freundinnen selbst zu Wort. Wir wollen sie sprechen lassen - sie über ihn und ihn über sie - und vielleicht den einen oder anderen neuen Blick vermitteln auf einen der - im engeren Wortsinne - aufregendsten Männer und Dichter des vergangenen Jahrhunderts, der auch einer der sinnlichsten und frechsten war. Und wir wollen den Frauen an seiner Seite eine Stimme geben - begabten, offenen, klugen Frauen: der Jugendliebe Paula Banholzer, den Ehefrauen Marianne Zoff und Helene Weigel, den Geliebten, Mitarbeiterinnen und Kolleginnen Elisabeth Hauptmann, Margarete Steffin und Ruth Berlau ...
Stell dir vor: es kommen alle Frauen
Die du einmal hattest, an dein Bett.
Ach, die wenigsten sind jetzt noch nett.
Keine, denkst du, ist mehr anzuschauen.
Aber alle stehen streng und schweigend.
Eine jede will von dir heut nacht
Ihren Spaß. Und wenn du ihr's gemacht
Tritt sie seitwärts, auf die nächste zeigend.
Gierig langen sie dich an. Verloren
Bist du. Die du einst zum Spaß erkoren
Treiben mit dir einen bösen Spaß.
Selbst seh ich mich in der Reihe stehen
Sehe mich ganz schamlos zu dir gehen.
Und du liegst armselig, krank und blaß.
Margarete Steffin, 1933
Die nächste Les(e)bar: 19. September 2006
"Aber hier, wie überhaupt, kommt es anders, als man glaubt"